Uns steht der Sinn aber noch nach Kurven und so verlassen wir in Canillo die Hauptstraße und biegen ab auf eine kleine Nebenstrecke die sich zum Col d´Ordino hinaufschlängelt. Kaum sind wir weg von der Haupteinfallstraße nach Andorra, haben wir die Straße wieder für uns alleine. Die Zeit erlaubt uns noch einen weiteren Abstecher ins Tal der Valira del Nord. Das Tal bietet ein wunderschönes Bergpanorama mit wild rauschendem Bach im Vordergrund. In El Serrat drehen wir wieder um. Zwar zeigt die Karte noch einen Anstieg der Straße bis auf 2800 Meter, doch spricht die weiße Kennzeichnung der Strecke nicht für die Befahrbarkeit mit zwei dick bepackten Sporttourern. Bei einem Cappuccino lassen wir das Tal noch ein wenig auf uns wirken. 

 Wie wohltuend doch die Natur ist merken wir nur wenig später als wir in Andorra la Vella, der Haupstadt Andorras einfahren. Autokarawanen zwängen sich durch das Zentrum vorbei an Tabak- und Spirituosenläden, Einkaufszentren und Modegeschäften. Der Lärm und die Hektik bei zwischenzeitlich auch sommerlichen Temperaturen erschlagen uns förmlich. Wir sind froh als wir zentral im Hotel Consul endlich ein zudem noch preisgünstiges Zimmer finden. Die Motorräder werden auf dem großen Platz vor dem Hotel an die Kette gelegt und wir machen uns frisch für den Stadtbummel.

Neben dem Casa de la Vall von 1580 der heute als Regierungssitz dient, gibt es eigentlich kaum sehenswerte Gebäude in Andorra. Hier dreht sich alles nur ums Einkaufen. Wer von dem Trubel dann genug hat, kann sich in dem futuristischen Vergnügungsbad Caldea entspannen. Unser Einkauf hält sich in Grenzen, da unsere Koffer bereits gut gefüllt sind. Als gute Wahl für unsere hungrigen Mägen zeigt sich die Pizzeria Primavera am Carrer Dr. Nequi. Zu hervorragender Pizza und vollmundigem Rotwein müssen wir allerdings aus zwei Fernsehern ein Spiel der Fußball-EM über uns ergehen lassen. 

Unsere Bestellung lässt uns schnell als Deutsche erkennen, so dass der Wirt mit einem Redeschwall über uns hereinbricht, aus dem ich nur das Wort "Beckenbauer" verstehe. Der nächste Morgen führt uns vorerst auf der CG2/N22 zurück nach Frankreich. Am Aufstieg zum Port d´Envalira ist schon der Tunnel zu erkennen, der in einigen Jahren die Fahrt über den Pass ersparen soll. Nur gut für uns Motorradfahrer, wenn die Busse und LKW unter der Erde verschwinden und uns nicht immer wieder in unseren schönsten Kurvenschwüngen abbremsen. Noch vor dem Col de Puymorens bleiben wir nun auf der N22, die uns in wunderschönen Serpentinen hinunter nach l´Hospitalet und dann weiter nach Ax-les-Thermes leitet. Da uns der Sinn nun nicht gerade nach einer Bäderkur steht, verlassen wir das Thermalbad, einen der gefragtesten Kurorte Frankreichs, schnell wieder. Hier im Tal wird uns die Nationalstraße auch zu voll und zu langweilig. Uns steht der Sinn nach Kleinerem. Ein paar Kilometer die D52 hinauf bis zum Col di Chioula und schon finden wir mit der D2/D20 die fast parallel zur Nationalstraße führende Route des Corniches, eine der schönsten Straßen der Pyrenäen. Die Straße führt einsam durch Wälder und über kleine Passhöhen. Hin und wieder passieren wir einen kleinen Weiler mit einer hübschen Kirche. Wir merken, dass der Neuschnee, den wir in Andorra gesehen haben, hier in Form von gewaltigen Wassermassen gefallen sein muss. Immer wieder passieren wir überschwemmte Straßenabschnitte und sehen die Folgen von kleinen Schlammlawinen. Glücklicherweise kommen wir mit den Motorrädern immer gut durch. Zurück im Tal folgen wir dem Lauf der Ariége auf der rechten Seite.

 

Kurz vor Foix lohnt sich noch ein Spaziergang zur Pont du Diable. Einer alten Sage zufolge musste die Teufelsbrücke aus dem 13. Jahrhundert zehnmal neu aufgebaut werden, da der Teufel sie des Nachts immer wieder einriss.