Frühjahr 2005. Wir fahren aufgeregt zum freundlichen BMW Händler, um das Gespann abzuholen. Eine Probefahrt haben wir entgegen jeglicher Praxis nicht gemacht. Warum auch – wir sind noch nie Gespann gefahren, können also gar nicht beurteilen, ob alles in Ordnung ist. Den Motor haben wir schon mal laufen lassen um nach verdächtigen Geräuschen zu hören. Nach der Übergabe und Einweisung fährt der Meister mit uns auf einen nahe gelegenen Parkplatz . Er fährt das Gespann, denn die Vorstellung meine ersten Kilometer gleich im Stadtverkehr einer Großstadt zu absolvieren, behagte mir noch nicht. Zum Glück hat uns BMW zum Kauf die „Fahrstunde“ mit einem erfahrenem Gespannfahrer spendiert. Ein paar Pylonen werden aufgestellt, um erst einmal das Kurvenfahren zu lernen, und vor allem die Breite des Gefährts einzuschätzen. Vergesst alles, was ihr über das Motorradfahren gelernt habt. Ein Gespann ist kein Motorrad und fährt sich völlig anders. Im Gegensatz zum lockeren Kurvenschwingen auf zwei Rädern ist Gespannfahren richtige Arbeit. Während die Rechtskurven noch relativ locker sind, muss für eine Wendung nach links der Lenker kräftig gedrückt werden. Bei den ersten Übungen purzeln die Pylonen auch noch kräftig durcheinander, das Seitenwagenrad ist aber auch zu weit entfernt....Mit der Zeit gewöhnen wir uns an die neuen Abmessungen und schaffen die Pylonengasse fehlerfrei. Dann üben wir noch das Bremsen, um die Erfahrung zu machen, dass der Beiwagen die Fuhre immer ein wenig zur Seite drücken will. Auch an das Gefühl des zweirädigen Fahrens sollen wir uns herantasten. Wir fahren immer schnellere Rechtskurven, bis das Beiwagenrad sich kaum merklich anhebt. Zu mehr fehlt uns der Mut. Dabei ist es gar kein Problem, mit unserem Gespann ein paar Runden auf zwei Rädern über den Parkplatz zu fahren, wie uns der Meister eindrucksvoll zeigt.Leider stellen wir auch fest, dass die Maschine stark zum Lenkerflattern neigt. Wir verabreden, das Ganze zu beobachten und ggf. noch einmal nachbessern zu lassen.
Dermaßen instruiert „darf“ ich dann mit dem Gespann den Heimweg antreten. Während ich mich verkrampft durch den Verkehr quäle, fährt meine bessere Hälfte entspannt mit dem Auto hinter mir her...
Zuhause angekommen, werden schnell noch einmal abwechselnd ein paar Kilometer auf unseren Hausstrecken abgerissen, um ein wenig mehr Gefühl für das Gefährt zu bekommen. Dabei ist der Platz im Boot sehr begehrt. Ein Feeling wie Cabrio fahren, nur ein wenig näher am Boden – das macht richtig Spass.
Danach nimmt unser Sohn das Boot in Besitz, und lässt sich stolz ein paar Runden durchs Dorf fahren.
Als nächstes wird umgehend der Beckengurt durch eine Dreipunktgurt ersetzt, und der eigens angeschaffte Kindersitz im Boot deponiert.
Die nächsten Wochen wird fleißig mit dem Gespann geübt. Das Lenkerflattern lässt allerdings schnell einen Abstecher zum Gespannbauer notwendig werden. Bei Unebenheiten in der Straße (und davon gibt es leider immer mehr), fängt der Lenker immer stärker an zu flattern. Manchmal lässt sich das Flattern wieder abstellen durch die Erhöhung der Geschwindigkeit. Mit 80 durch eine Ortschaft zu fahren ist allerdings auch keine Alternative, so das nur noch Anhalten übrig bleibt, da der Lenker sonst nicht mehr zu halten ist.
Der Besuch beim Firma Walter war erfolgreich. Das Fahrverhalten des Gespannes hat sich durch die Einstellarbeiten und einen ausgewechselten Lenkungsdämpfer spürbar verbessert, es fängt an, ein ganz klein wenig Spaß zu machen.
Leider habe ich kurz darauf den Fehler gemacht, die Kette zu spannen und noch nicht gewusst wie peinlich genau das Hinterrad eingestellt werden muss. Konsequenz: das Lenkerflattern war zurück. Wieder zu Walter, wieder neu eingestellt, wieder Ruhe im Fahrwerk. Zumindest vorerst, aber dazu später.
Wir genießen es erst einmal wieder, gemeinsame Ausfahrten machen zu können und lernen zu schätzen wie schön ein Kofferraum beim Motorradfahren sein kann. Unsere Picknickausstattung kommt jetzt immer mit und hat uns so manchen schönen Sonntagnachmittag ermöglicht. Mit der Zeit lernen wir auch, dass nicht nur die schönsten Kurven und die höchsten Erhebungen lohnenswerte Ziele sind, sondern dass ein Spielplatz auf der Strecke unbedingt zu empfehlen ist. Auch wenn Jonas gerne mit uns unterwegs ist, kann doch die reine Fahrzeit im Boot ermüdend und langweilig sein.